Jeden Tag einfach so 86.400 Euro zur freien Verfügung - Schüler im Jugendhilfezentrum Don Bosco über Schutzkonzept informiert

Veröffentlicht am: 22. September 2015

Sannerz - Auf Wohngruppe Magone waren Tische und Bänke für die etwa 30 Schüler und Mitarbeiter/innen des Schulteams aufgebaut. Jannik hatte sich mächtig ins Zeug gelegt und Berge von Waffeln gebacken, die allein schon große Anziehungskraft hatten. Wie jedes Jahr hatten die Schutzbeauftragten des Jugendhilfezentrums Don Bosco die Schüler der einrichtungsinternen Schule eingeladen, um über den Kinder-, Jugend- und Mitarbeiterschutz der Don Bosco Einrichtung zu informieren.

Zunächst erklärt Clarissa Deuker (Schutzbeauftragte), was sich hinter dem Schutzkonzept verbirgt, welche Möglichkeiten die Jugendlichen haben, sich an unterschiedliche Personen zu wenden, wenn sie Gewalt, Unterdrückung oder (Cyber-)Mobbing selbst erfahren oder von anderen mitbekommen. Sie weist darauf hin, dass es hier nicht allein um interne Vorgänge geht, sondern auch um Ereignisse im häuslichen Umfeld oder in der Freizeit. Im Infoblatt „Wir sind für Dich da“, das auf allen Gruppen, in den Werkstätten und Schulräumen deutlich sichtbar aushängt, sind alle Ansprechpartner mit Namen und Erreichbarkeit vermerkt, auch eine anonyme Anzeige ist möglich.

Peter Thomé, Schutzbeauftragter sowie Vorsitzender der Mitarbeitervertretung, geht in die Tiefe und will von den Jugendlichen wissen, was alles zu Gewalt, Unterdrückung und Mobbing gehört. Sie können viele Beispiele aus ihrem Umfeld nennen und natürlich ist der Fall um Tugce sofort präsent. „Der Täter hat nicht gewollt, dass Tugce stirbt, da könnt Ihr sicher sein“ greift Thomé den Fall auf und rät: „Umso wichtiger ist es, vorher darüber nachzudenken, was passieren kann. Besser Ihr haltet Euch aus gewalttätigen Auseinandersetzungen raus!“  Das Team der Schutzbeauftragten geht auch auf Mobbing ein und veranschaulicht es am Fall Amanda Todd. Die kanadische Schülerin hatte sich mit nur 15 Jahren das Leben genommen, weil ein Fremder einen Film ins Netz stellte, in dem sie den Oberkörper entblößte. Der Spießrutenlauf wurde unerträglich für sie.

Mit einem weiteren Beispiel geht Peter Thomé auf verdeckte, psychische Gewalt ein, die genauso verletzend sein kann wie Schläge. Er nennt das Beispiel eines Jungen, der an seiner Schule gedemütigt, ständig verdeckt angemacht und schließlich die Treppe herunter gestoßen wird. Dieser Junge, der, wie sich später heraus stellt, er selbst war, hat sich keinem anvertraut, hat geschwiegen.

Nun sind die Jugendlichen selbst die Experten. In Kleingruppen sollen sie für Fallbeispiele Lösungen finden, mindestens zwei, das ist die Vorgabe. Sie arbeiten engagiert mit und erarbeiten gute Ideen und Vorschläge.

Mucksmäuschenstill ist es, als Hanne Röhrich, Gruppenleiterin und ebenfalls Schutzbeauftragte, zum Abschluss die Geschichte mit den Lebenssekunden vorliest. In der Geschichte geht es um einen phänomenalen Gewinn aus einem Wettbewerb. Der Sieger hat jeden Tag 86.400 Euro zur Verfügung, nur für sich. Er darf nichts verschenken und muss alles ausgeben, da es am nächsten Tag weg ist. Jeden Tag 86.400 Euro zu haben, sich jeden Wunsch erfüllen zu können, dies ist nicht nur für die Jugendlichen in Don Bosco ein Traum. „Jeder von uns hat eine solch magische Bank, jeden Morgen beginnt sich das Konto neu zu füllen und zwar mit Lebenssekunden,“ liest Röhrich vor und die Frage „was machst Du mit deinen täglichen 86.400 Sekunden“ münden in den Appell: "Fang an, Dein Leben zu leben".

Regina Kriegsmann