Bildungsfahrt zur Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar

Veröffentlicht am: 08. April 2016

Sannerz - Die Thematik war ungewohnt im Schul- und Ausbildungsalltag des Jugendhilfezentrums und nicht Jedem war wohl bei dem Gedanken, sich mit diesem Teil der deutschen Geschichte so unmittelbar auseinander zu setzen. Doch schließlich war es soweit. Am Mittwoch, 6. April 2016,  machten sich 24 Jugendliche, sieben Ausbilder und vier pädagogische Betreuer des Jugendhilfezentrums Don Bosco Sannerz auf den Weg zu dem ehemaligen Arbeitslager Buchenwald bei Weimar. Clarissa Deuker, Mitarbeiterin im pädagogischen Bereich der Ausbildung, hatte die Bildungsfahrt vorbereitet und organisiert. Mit dem Film „Nackt unter Wölfen“ von Bruno Apitz sowie einem Gesprächskreis wurde bereits im Vorfeld viel über den Nationalsozialismus und vor allem die Ausgrenzung von Nicht-Nazikonformen Zielgruppen diskutiert.

Der Bus konnte pünktlich um 7 Uhr starten, so dass die Gruppe nach einer kleinen Stärkung die Gedenkstätte Buchenwald am Ettersberg über die sogenannte „Blutstrasse“ erreicht wurde. Vor Ort wurde die Gruppe aufgeteilt und im Rahmen eines zweistündigen Rundgangs durch das Lager geführt: die Führung startete am „Karachoweg“, auf dem die Häftlinge des Arbeitslagers durch das Tor mit der Aufschrift „JEDEM DAS SEINE“ getrieben wurden.

Vorbei am ehemaligen Bärengehege, das der Bespaßung der SS diente, führte der Weg zum Appellplatz, an dem die Häftlinge jeden Morgen antreten und zum Teil stundenlang in Kälte und Nässe ausharren mussten. Die Eindrücke verursachten Schweigen: ein Friedhof, hier und dort Blumen und Kerzen von Angehörigen und Besuchern, eine in den Boden eingelassene Metallplatte zur Erinnerung an die vielen Häftlinge aus 50 Nationen. Der Mittelteil der Platte ist ständig auf 37 Grad erwärmt, die Körpertemperatur des menschlichen Körpers. Obwohl die Sonne schien und nur wenige Wolken am Himmel zu sehen waren, fegte der Wind scharf über den Platz. Die klare Aussicht bot einen Weitblick nach Weimar und Umgebung. Körperwärme, Sonne, Wind, klare Sicht – allein der Eindruck über die Sinne erübrigt die Frage, ob denn niemand von dem Lager wusste.  

Die meisten Gebäude des Lagers wurden abgerissen. Nur Umrisse deuten darauf hin, in welchen Baracken die Häftlinge zu Hunderten (über-) leben mussten. Wasser gab es nicht in jeder Baracke und Schlafplätze waren rar.  Tagsüber mussten die Inhaftierten hart arbeiten, manchmal auch sonntags. Viel zu wenig Schlaf zehrte zusätzlich an den Kräften. Dünne Kleidung, mangelnde Ernährung, keine ärztliche Versorgung. Erlaubte man sich einen „Fehltritt“, wurde man sofort bestraft. Wie können Menschen so überleben?

Ausgangspunkt der Führung war das Krematorium, in dem Menschen auf grausame Weise getötet, ihr Leichnam seziert, ausgeplündert und verbrannt. Nicht Jeder war in der Lage, dieses Gebäude zu betreten, da der Geruch an Tod erinnerte. Nach dem 30minütigen Dokumentarfilm, der auf Berichten von Zeitzeugen, Bildern der SS und heimlichen Aufnahmen der Häftlinge basiert, konnten sich alle Teilnehmer eine weitere Stunde auf dem Gelände aufhalten und unter anderem den Arrestzellenbau, auch „Bunker“ genannt, besichtigen. Die Einweisung dorthin war willkürlich und endete häufig mit dem Tod. Systematisch wurden Menschen zu jeder Tages- und Nachtzeit entwürdigt. Dank der Ausstellung Schwarz auf Weiß, die in der ehemaligen „Häftlingskantine“ präsentiert wird, ist die Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers festgehalten.

Am 11. April 2016 jährte sich die Befreiung zum 71. Mal. Ehemalige Häftlinge und viele weitere Besucher werden in dieser Woche den Opfern gedenken. Eine der Frauen, die unsere Gruppe begleitet, bedauert sehr, dass bald kein Zeitzeuge mehr da sein wird, um von den schrecklichen Gräueln zu berichten.

Nach einer Stärkung fahren wir gegen 14.30 Uhr zurück ins Jugendhilfezentrum. Das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald ist noch mehrere Kilometer weit zu sehen. Besonders der Glockenturm als Symbol der Freiheit und des Lichts.

Clarissa Deuker